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Keine Krebsgefahr durch BADGE
19/1996, 20.11.1996
BgVV fordert technologische Maßnahmen zur Minimierung der Kontamination von Lebensmitteln
Lebensmittel, die BADGE-Gehalte von mehr als 1 mg/kg aufweisen, sind im Sinne eines vorsorgenden Verbraucherschutzes gesundheitlich als bedenklich einzustufen. Zu dieser Einschätzung ist die Kunststoff-Kommission des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin bei der Bewertung von BADGE-Rückständen in Fischkonserven gelangt. Bei Untersuchungen in der Schweiz und in Deutschland waren unerwartet hohe Gehalte im Ölaufguß der Konserven gefunden worden. Die Kontamination ist grundsätzlich unerwünscht; eine Krebsgefahr oder akute Gesundheitsgefährdung durch belastete Lebensmittel besteht nach Ansicht des BgVV jedoch nicht. Das BgVV fordert die Hersteller auf, technologische Maßnahmen zur Minimierung der Kontamination von Lebensmitteln zu ergreifen. Die für die amtliche Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden der Bundesländer werden über das Bundesministerium für Gesundheit informiert.
BADGE (Bisphenol-A-diglycidylether) ist eine Vorstufe der zur Doseninnenbeschichtung verwendeten Lacke und kann hieraus in Abhängigkeit vom Herstellungsverfahren in unterschiedlichen Mengen in die Konserven übergehen. Die höchsten Werte wurden in Konserven mit einem "pull-off-Verschluß" gefunden und scheinen damit technologisch begründet: Um die bei einem Aufreißverschluß erforderliche Flexibilität des Lackes zu erreichen, wird BADGE den PVC-Dispersionslacken zugesetzt, hier aber nicht gebunden, wie dies bei anderen technologischen Verfahren üblich ist. Der Übergang von BADGE ins Lebensmittel wird dadurch erleichtert. Technologische Maßnahmen müssen darauf zielen, diese Migrationsprozesse einzuschränken bzw. zu unterbinden.
Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuß (SCF) der Europäischen Union (EU) hat im Juni dieses Jahres eine toxikologische Neubewertung von BADGE vorgenommen und dabei insbesondere zu einer möglichen krebserregenden und erbgutverändernden Wirkung dieser Substanz Stellung genommen. Nach Ansicht des SCF gibt es keine Anhaltspunkte für eine krebserregende Wirkung. Die erbgutschädigende Wirkung, die BADGE in Bakterien und Zellkulturen gezeigt hat, wurde in tierexperimentellen Untersuchungen nicht beobachtet. Entsprechende Studien haben weder Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Fortpflanzung noch auf fruchtschädigende Wirkungen ergeben. Die östrogene Wirkung von BADGE lag um mehrere Größenordnungen unter der des natürlich vorkommenden Hormons Östradiol. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden toxikologischen Daten hat der wissenschaftliche Lebensmittelausschuß für BADGE einen vorläufigen Grenzwert von 1 mg/kg Lebensmittel empfohlen. Zwei Studien sollen im Laufe der nächsten zwei Jahre letzte offene Fragen klären und Grundlagen für einen TDI-Wert (Tolerable Daily Intake) liefern.