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Lebensmittelsicherheit
Bleibelastung von Wildbret durch
bleihaltige Munition
Die EFSA veröffentlichte 2010 ein Gutachten mit neuen
Daten zur Bleiexposition der Bevölkerung und zur to-
xikologischen Wirkung dieses Schwermetalls. In dem
Gutachten empfiehlt die EFSA, den Grenzwert für Blei
in Form der jahrzehntelang angewendeten tolerierbaren
wöchentlichen Aufnahmemenge (TWI) nicht mehr auf-
rechtzuerhalten und stattdessen den Eintrag von Blei
soweit wie möglich zu minimieren. Das BfR konnte an-
hand von Daten eines früheren Projektes zur Aufnahme
von Umweltkontaminanten zeigen, dass Verbraucher Blei
vor allem über Nahrungsmittel aufnehmen, die viel und
regelmäßig verzehrt werden. Wildbret hingegen wird ver-
gleichsweise wenig verzehrt, ist jedoch ein Lebensmittel
mit zum Teil sehr hohen Bleigehalten. Hier kann ein regel-
mäßiger hoher Verzehr zu einer Gesundheitsgefährdung
von bestimmten Verbrauchergruppen wie Schwangeren
und Kindern führen.
Um zu untersuchen, ob die Bleigehalte in Wildfleisch redu-
ziert werden können, hat das BfR von 2011 bis 2014 das
Projekt „Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem
Wildbret“ (LEMISI) durchgeführt. Dieses Projekt entstand
im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und
Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit den Ländern, den
Jagdverbänden, den Wildhändlern und der Hochschule
für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Es ist in seinem
Umfang weltweit einmalig und untersucht die Auswir-
kungen der Verwendung von Bleimunition und bleifreien
Jagdgeschossen auf den Bleigehalt in Wildbret. Hierzu
wurden Proben der drei Tierarten Reh, Wildschwein und
Rotwild aus mehreren Regionen Deutschlands mit jeweils
unterschiedlicher Hintergrundkonzentration von Blei im
Boden untersucht. Pro Tier waren dies jeweils drei Proben
der Keule, dem Rücken und dem verzehrfähigen Fleisch
in Schusskanalnähe. Insgesamt lagen für Rehe und Wild-
schweine genügend aussagekräftige Proben vor.
Es zeigte sich, dass durch bleihaltige Geschosse deutlich
höhere Maximalkonzentrationen von Blei in das Wildfleisch
eingetragen wurden, vor allem in das verkehrsfähige Ge-
webe in Schusskanalnähe. Werden solche Stücke Wild-
bret regelmäßig und in hohen Anteilen verzehrt, könnte
dies bei Schwangeren und Kindern zu gesundheitlichen
Beeinträchtigungen führen. Allerdings wurden diese
hohen Werte nicht in allen Tieren nachgewiesen, die mit
bleihaltigen Geschossen erlegt wurden. Die Bleieinträge
durch bleihaltige Geschosse waren variabel und es fan-
den sich auch Wildfleischproben mit geringeren Bleige-
halten. Rücken und insbesondere Keule wiesen beispiels-
weise vergleichsweise niedrigere Gehalte auf, was auf die
Bedeutung der Munition für die Bleibelastung von Wildbret
hinweist.
Insgesamt stellte das BfR in seinem Projekt fest, dass die
Verwendung von bleihaltigen Geschossen im Vergleich zu
bleifreien Geschossen zu einem statistisch signifikanten
Anstieg der mittleren Bleigehalte im Fleisch von Rehwild
und Wildschwein führte. Dies galt auch, wenn der Einfluss
der Regionen mit unterschiedlichen Bleigehalten im Bo-
den und damit die Bleiaufnahme der Tiere über die Nah-
rung berücksichtigt wurde. Wildschweine wiesen in dem
Projekt höhere Bleigehalte auf als Rehwild.
Für seine Risikobewertung kam das BfR aufgrund der
Ergebnisse des Projektes zu folgendem Schluss: Für
Erwachsene mit einem durchschnittlichen Verzehr bleibt
die zusätzliche Aufnahme an Blei über Wildfleisch im
Vergleich zur Gesamtaufnahme an Blei toxikologisch
unbedeutend. Diese Einschätzung gilt jedoch nicht für
Kinder und Ungeborene. Bei ihnen ist das Risiko einer
Gesundheitsgefährdung durch Blei besonders hoch.
Das BfR empfiehlt daher, dass insbesondere Kinder bis
zum Alter von sieben Jahren, Schwangere und Frauen im
gebärfähigen Alter auf den Verzehr von mit Bleimunition
geschossenem Wild verzichten. Da die Verwendung blei-
freier Alternativgeschosse bei der Jagd zur Reduzierung
der Bleigehalte in Wildbret beiträgt, sollte nach Ansicht
des BfR auf die Verwendung dieser Munition hingewirkt
werden.