BfR
|
Jahresbericht 2014
44
Aufklärung eines EU-weiten
Hepatitis-A-Ausbruchs
Das BfR verfügt über eine hohe Expertise auf dem Gebiet
der Rückverfolgung von Lebensmittelwarenketten. Unter an-
derem hat das Institut die Software „FoodChain-Lab“ ent-
wickelt, eine freie Software zur Visualisierung und Analyse
großer Mengen an Lieferdaten (s. BfR-Jahresbericht 2013).
Im November 2013 berief die EFSA das BfR deshalb in
eine Arbeitsgruppe zur Aufklärung eines europaweiten
Ausbruchs von Hepatitis A (HAV). Zu diesem Zeitpunkt
waren in Italien, Irland und den Niederlanden zahlrei-
che HAV-Fälle aufgetreten. Insgesamt erkrankten mehr
als 1.400 Menschen in verschiedenen europäischen
Ländern an Hepatitis A und bei 331 Personen wurde
der Ausbruchsstamm KF182323 bestätigt. Tiefgefrore-
ne Beeren waren rasch als Vehikel
des Erregers identifiziert. Allerdings
war offen, welche Beeren, welches
Erntejahr und welches Land oder
Gebiet Ursprung des Ausbruchs
gewesen war.
Zur Analyse des Ausbruchsgeschehens haben die betrof-
fenen Staaten Daten zur Rückverfolgung der in Verdacht
stehenden Beeren erhoben und über die Europäische
Kommission an die EFSA als zentrale Bewertungsstelle
geschickt. Danach hat das BfR die Daten in FoodChain-
Lab zusammengeführt, auf Plausibilität geprüft und ein-
gehend analysiert. In mehreren Treffen am BfR haben die
Beteiligten der EFSA-Arbeitsgruppe anschließend ver-
schiedene Kontaminationsszenarien simuliert und über
die weiteren Schritte zur Rückverfolgung von Produkten
entschieden.
Die Arbeitsgruppe „HAV Trace“, die neben dem BfR aus
Vertretern der betroffenen Länder (Italien, Niederlande,
Irland, Frankreich, Norwegen und Polen) sowie der EFSA,
der Europäischen Kommission und des Europäischen
Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krank-
heiten bestand, kam zu folgenden Schlussfolgerungen:
Für den Ausbruch waren wahrscheinlich Rote Johannis-
beeren aus einer bestimmten Region in Polen oder Brom-
beeren aus Bulgarien verantwortlich.
Carbapenemresistente Keime bei
landwirtschaftlichen Nutztieren
Resistenzen gegen Antibiotika sind insbesondere dann
ein Thema für den gesundheitlichen Verbraucherschutz,
wenn sie zu Einschränkungen bei der Therapie von In-
fektionen des Menschen führen. Die Erforschung von
Mechanismen und Faktoren, die für die Übertragung von
resistenten Keimen vom Tier über das Lebensmittel auf
den Menschen verantwortlich sind, ist daher besonders
wichtig. Grundsätzlich sind antibiotikaresistente Keime
nicht krankmachender für den Menschen als Erreger
ohne diese Eigenschaft. Manche können ihre Resistenz-
gene allerdings auf andere Krankheitserreger oder auf
die Bakterien der menschlichen Keimflora übertragen.
Lösen resistente Keime eine Erkrankung aus, beispiels-
weise eine Wundinfektion oder Blutvergiftung, sind sie
möglicherweise schwerer zu therapieren.
Das BfR befasst sich damit, die Verbreitung von Resisten-
zen unter anderem gegen Carbapeneme zu erforschen.
Bei den Carbapenemen handelt es sich um eine Wirk-
stoffklasse, die bei Infektionen zum Beispiel mit mehr-
fachresistenten Enterobakterien eingesetzt wird, bei de-
nen wichtige Antibiotika wie Cephalosporine nicht mehr
wirken. Ein Mechanismus, der zur Resistenz von Bakterien
gegen Carbapeneme führt, ist die Bildung bestimmter
Enzyme, sogenannter Carbapenemasen. Da Bakterien
die Resistenz gegen Carbapeneme an andere Bakte-
rienarten weitergeben können, könnten Verbraucher
theoretisch über Lebensmittel oder durch den direkten
Kontakt mit Tieren Bakterien aufnehmen, die diese Re-
sistenzeigenschaft haben. In der Humanmedizin wird in
Deutschland in den vergangenen Jahren eine Zunahme
von carbapenemasebildenden
Enterobacteriaceae
und
anderen gramnegativen Bakterien beobachtet.
In Studien des Forschungsprojektes RESET, in dem die
Verbreitung von cephalosporinresistenten Keimen bei Tie-
ren und Lebensmitteln untersucht wird, hatte das BfR be-
reits 2011 erstmals Keime mit Carbapenemasen in Nutz-
tierbeständen nachgewiesen. Hierbei handelte es sich
um
Salmonella-
Isolate aus drei Mastschweine- und einem
Masthuhnbestand. Bei nicht krankmachenden (kommen-
salen)
E. coli
aus einem der Schweinebestände wurden
diese Resistenzeigenschaften ebenfalls nachgewiesen.
Mittels molekularbiologischer Untersuchungen konnte
bei diesen Keimen ein Gen für die Bildung des Enzyms
Carbapenemase VIM-1 identifiziert werden. Es ist unklar,
wie die Resistenzgene beziehungsweise die veränderten
Keime in die Tierbestände und deren Umgebung gelangt
sind. Denkbar ist der Eintrag über belebte Vektoren wie
Personen, Wildtiere, Schadnager oder Nutztiere sowie
über unbelebte Vektoren wie Futter, Wasser oder Luft.
Seit 2014 wird verstärkt EU-weit nach dem Vorkommen