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BfR will Verbraucher besser vor allergenen Substanzen schützen
22/2006, 17.08.2006
Institut führt erstes Informationsgespräch mit Experten durch
Allergien stellen weltweit eines der größten gesundheitlichen Probleme dar. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität eines großen Teils der Bevölkerung und haben erhebliche volkswirtschaftliche Auswirkungen. Allein vier Prozent der Kleinkinder in Mitteleuropa leiden an einer Lebensmittelallergie. Rund 12 Prozent der 13- bis 14-jährigen Jugendlichen und noch deutlich mehr Erwachsene haben Heuschnupfen. Kontaktekzeme sind ein weiteres häufiges Problem. Die Symptome „überschießender“ immunologischer Abwehrreaktionen des Körpers können sich an den Atemwegen, an der Haut oder an den Verdauungsorganen manifestieren. Die Zahl der allergischen Erkrankungen steigt und weist in Deutschland regionale Unterschiede auf. Darauf wiesen Allergieexperten aus dem Bundesinstitut für Risikobewertung, der Berliner Charité und dem Universitätsklinikum Heidelberg bei einer Informationsveranstaltung für Medienvertreter in Berlin hin. „Eine Bündelung aller vorhandenen Informationen zum Thema der Entstehung von Allergien und die Formulierung konkreter Handlungsoptionen ist geplant“, so der Präsident des BfR, Professor Dr. Dr. Andreas Hensel in seiner Begrüßung.
Noch vor der Sommerpause hatte Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer angekündigt, einen Nationalen Aktionsplan gegen Allergien ins Leben zu rufen. Vor diesem Hintergrund hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung Medienvertreter zu einem Informationsgespräch zum Thema Allergien eingeladen. Die beiden Experten aus dem klinischen Bereich, Professor Dr. Ulrich Wahn und Professor Dr. Thomas Diepgen, begrüßten diese Initiative ausdrücklich. Ein konzertiertes Aktionsprogramm gegen diese Volkskrankheit sei überfällig.
In Deutschland ist die Zahl der Menschen, die an einem allergischen Bronchialasthma erkrankt sind, innerhalb der 80er Jahre auf das Doppelte angestiegen. In Dänemark hat sich die Zahl der Neurodermitisfälle in den Geburtsjahrgängen 1960-64 und 1970-74 nahezu verdreifacht. Daten für Mitteleuropa zeigen, dass 30 Prozent der Kleinkinder mit Neurodermitis auch unter einer Lebensmittelallergie leiden. 6 bis 19 % der Kinder leiden unter einem atopischen Ekzem, und 15 bis 20 % der Erwachsenen sind gegenüber allergenen Stoffen sensibilisiert.
Zur Allergieauslösung und ihren immunologischen Prozessen sind noch viele Fragen offen. Vermeidungsstrategien haben deshalb einen besonderen Stellenwert. Diesbezüglich ist es vorteilhaft, das Allergie auslösende Potenzial kritischer Stoffe frühzeitig zu erkennen. Substanzen, die zum Einsatz in Verbraucherprodukten vorgesehen sind, sollten zuvor auf ihre allergenen Eigenschaften getestet werden. Während für die Testung auf kontaktallergene Wirkungen bereits zuverlässige Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen, fehlen solche Verfahren bislang für den Nachweis allergener Eigenschaften von Stoffen, die zu einer Sensibilisierung der Atemwege führen. Dies gilt gleichermaßen für Allergie auslösende Eigenschaften von Lebensmitteln, die im Magen-Darmtrakt wirksam werden.
Der Schutz des Verbrauchers vor dem Kontakt mit Stoffen, auf die er allergisch reagiert, und auch vor anderen Stoffen, die an einer Allergieauslösung beteiligt sein können, ließe sich durch entsprechende Informationen über problematische Inhaltsstoffe in Produkten, Textilien und Lebensmitteln verbessern. Sie würden betroffenen Verbrauchern die Möglichkeit eröffnen, Produkte und Lebensmittel im Hinblick auf die individuelle Allergiesituation gezielt auszuwählen oder zu vermeiden. Allergiker könnten sich so aktiv vor allergenen Substanzen schützen.
Über die Vermeidung des Kontakts mit allergenen Substanzen hinaus kann man Allergien auch vorbeugen. So hat das Stillen beispielsweise einen günstigen, präventiven Einfluss auf bestimmte Formen der Allergie. Und auch ein verbesserter Nichtraucherschutz würde sich positiv auf die Allergierate auswirken: Am Einfluss des Passivrauchens auf die Entstehung allergischer Erkrankungen der Atemwege bei Kindern bestehen wissenschaftlich längst keine Zweifel mehr.
Das BfR wird medizinische Fachverbände, Universitäten und andere beteiligte Kreise zu Expertengesprächen einladen, um das Thema weiter zu vertiefen. Darüber hinaus wird das Institut Instrumente einer gezielten Risikokommunikation entwickeln, um die Verbraucher optimal zu informieren und zu schützen.