BfR Jahresbericht 2013 - page 54

BfR | Jahresbericht 2013
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mit Roggenanteil. Diese Verzehrsmenge entspricht bis zu
sechs Scheiben Brot. Bei Zugrundelegen dieser Verzehrs-
mengen sind bei kurzzeitigem Verzehr von Roggenbroten
mit einem Ergotalkaloid-Gehalt von 59 µg/kg gesundheit-
liche Beeinträchtigungen unwahrscheinlich. Bei kurzzei-
tigem Verzehr bereits mittlerer Mengen an Roggenbroten
mit einem Ergotalkaloid-Gehalt von 585 µg/kg sind jedoch
unerwünschte gesundheitliche Wirkungen möglich. Dies
gilt ebenso für den kurzzeitigen Verzehr von Erzeugnissen
aus Roggenmehlen mit Ergotalkaloid-Gehalten von 1.000
bzw. 2.300 µg/kg. Wegen der bekannten uteruskontrahie-
renden Wirkung bestimmter Mutterkornalkaloide sieht das
BfR bezüglich des Verzehrs hoch belasteter Getreidepro-
dukte zudem Schwangere als besonders empfindliche
Risikogruppe an.
Um die Gehalte an Ergotalkaloiden in Roggenerzeug-
nissen zu minimieren, empfiehlt das BfR die konsequen-
te Anwendung der landwirtschaftlichen und techno-
logischen Guten Herstellungspraktiken. Im Vordergrund
stehen hierbei Maßnahmen aller Wirtschaftsbeteiligten
entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Aus-
wahl des Saatgutes, dem Anbau über die Selektion der
Rohstoffe bis hin zur technologischen Verarbeitung des
Roggens. Das BMEL hat von Experten aus Verbänden,
Institutionen und Firmen entsprechende Handlungsemp-
fehlungen erarbeiten lassen, die auf der Website des
BMEL veröffentlicht sind.
Gesundheitliche Effekte von Ergotalkaloiden
Im Vordergrund bei der Bewertung des gesundheit-
lichen Risikos stehen heute Effekte, die bereits nach
dem Verzehr geringer Mengen Ergotalkaloide auf-
treten: Magen-Darm-Erkrankungen, Herz-Kreislauf-
Probleme, Kopfschmerzen, Störungen des Zentral-
nervensystems und Muskelkontraktionen. Außerdem
zeigen Humandaten, dass Kontraktionen der Ge-
bärmutter (Uterus) bereits bei Aufnahme geringer
Mengen bestimmter Ergotalkaloide möglich sind.
Diese können unter Umständen zu Uterusblutungen
und Aborten führen. Die gesundheitlichen Auswir-
kungen nach Aufnahme hoher Ergotalkaloidmengen
sind darüber hinaus seit Langem bekannt. Dies sind
Durchblutungsstörungen, Halluzinationen, Krämpfe
sowie Empfindungsstörungen und Lähmungen, die
bereits nach kurzer Zeit eintreten und bei Atem- oder
Herzstillstand zum Tod führen können. Derartige
Epidemien treten heute in den Ländern der Europä-
ischen Union jedoch nicht mehr auf.
Im Griff: Außergewöhnliche Schadenslagen
im Futter- und Lebensmittelsektor
Was wäre, wenn Terroristen Futter- oder Lebensmittel mit
gefährlichen Mikroorganismen oder Toxinen kontaminie-
ren? Welche Informationen, Nachweissysteme und Werk-
zeuge oder Methoden benötigen Behörden und Unter-
nehmen in derartig außergewöhnlichen Schadenslagen?
Das vom BfR koordinierte Forschungsprojekt „Sicherstel-
lung der Futter- und Lebensmittelwarenkette bei bio- und
agro-terroristischen Schadenslagen (SiLeBAT)“ hat diese
Fragen seit dem Projektstart im Oktober 2010 bearbeitet
und eine Vielzahl von Lösungen entwickelt. Das Projekt
wurde durch Zuwendungen des Bundesministerium für
Bildung und Forschung im Rahmen der deutschen Sicher-
heitsforschung finanziert.
Auch wenn Futter- und Lebensmittel in Deutschland so
sicher sind wie nie zuvor, können bestehende rechtliche
Vorgaben und vielfältige Kontrollen von Herstellern, Händ-
lern und Behörden keinen hundertprozentigen Schutz vor
kriminellen oder gar terroristischen Aktivitäten bieten. Im
Projekt SiLeBAT wurden daher Lösungen entwickelt, die
sowohl vorbeugend als auch im Schadensfall eingesetzt
werden können. Dabei reicht das Spektrum der Neuent-
wicklungen von Methoden zur Probenaufbereitung über
Laborverfahren zum Nachweis bioterroristischer Erreger
bis hin zu Softwaretools, einer Wissensdatenbank und
Die im Roggen enthaltenen Mutterkornalkaloide können
auch in Mehlen und Backwaren vorhanden sein. Seit 2012
gibt es für die Substanzen gesundheitsbezogene Richt-
werte.
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