BfR Jahresbericht 2013 - page 67

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Chemikaliensicherheit
Im Jahr 2013 erfolgte die turnusmäßige Neubewertung von
Glyphosat im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung. In diesem
europäischen Verfahren wird jeder genehmigte Wirkstoff
zusammen mit einem Beispielpräparat hinsichtlich seiner
Risiken für Gesundheit und Umwelt so wie seiner Wirksam-
keit erneut bewertet. Den Teilbericht zur gesundheitlichen
Bewertung erstellte das BfR – wie schon bei der 2003 er-
folgten Wirkstoffprüfung. Dazu hat das Institut zusätzlich
zu den bereits 2003 berücksichtigten Dokumenten mehr
als 150 neue toxikologische Originalstudien beschrieben
und ausgewertet. Weiterhin wurden mehr als 900 in wis-
senschaftlichen Zeitschriften publizierte Studien berück-
sichtigt. Die Analyse dieser zahlreichen neuen Dokumente
ergab weder Hinweise auf eine krebserzeugende, repro-
duktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung
durch Glyphosat noch die Notwendigkeit, die gesundheit-
lichen Grenzwerte wesentlich zu verändern. Zudem wer-
den die für Glyphosat in Lebensmitteln und Futtermitteln
geltenden Rückstandshöchstgehalte weiterhin vom BfR als
sicher angesehen. Bei der Festsetzung von Rückstands-
höchstgehalten durch die Europäische Kommission wur-
den sowohl die Anwendungen zur Unkrautbekämpfung
als auch der Einsatz als Sikkationsmittel berücksichtigt.
Aus Untersuchungen ist bekannt, dass Menschen und
Tiere über Lebensmittel und Futtermittel, die Rückstände
in zulässiger Höhe enthalten, geringe Mengen Glyphosat
aufnehmen können. Allerdings geht aus der Neubewertung
des BfR hervor, dass die Aufnahme von Rückständen über
pflanzliche Lebensmittel maximal 1,5 Prozent der akzep-
tablen täglichen lebenslangen Aufnahmemenge beträgt.
Der Übergang von Glyphosat in tierische Lebensmittel ist
gering und ergibt ebenfalls kein gesundheitliches Risiko.
Glyphosat wird in Pflanzenschutzmitteln als wässrige
Formulierung oder in Kombination mit verschiedenen Bei-
stoffen eingesetzt. Die herbizide Wirkung von Glyphosat
kann durch den Zusatz von sogenannten Netzmitteln ge-
zielt verstärkt werden. Diese Zusätze begünstigen das Ein-
dringen von Glyphosat in die Pflanzen. Bestimmte Netzmit-
tel, wie POE-Tallowamine, wirken jedoch schädlicher als
der Wirkstoff Glyphosat. Die im Vergleich zum Wirkstoff
höhere Toxizität einiger Präparate ist auch in einigen tier-
experimentellen Studien nachgewiesen worden. Eine aus-
führliche toxikologische Bewertung der POE-Tallowamine
hat das BfR ergänzend recherchiert und in den Bericht zur
Neubewertung von Glyphosat integriert.
Den Teilbericht zur Gesamtbewertung übergab das BfR im
November 2013 dem Bundesamt für Verbraucherschutz
und Lebensmittelsicherheit als federführender Institution,
die den Gesamtbericht an die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit weiterleitete. Nach der öffentlichen
Kommentierung durch die Mitgliedsstaaten und alle sons-
tigen Interessierten werden bei Bedarf weitergehende
Expertengespräche auf EU-Ebene geführt, um über den
Wirkstoff zu beraten. Ein Abschluss des Verfahrens zur
erneuten Genehmigung von Glyphosat wird Ende 2014
erwartet.
Die Erkenntnisse bezüglich der Toxizität der POE-Tallow-
amine haben dem BfR gezeigt, dass es über die Bewer-
tung der eigentlichen Wirkstoffe hinaus Forschungsbedarf
bezüglich der Wechselwirkungen mit Beistoffen gibt. Der
Forschungsbedarf in diesem Bereich geht weit über Gly-
phosat hinaus. Es werden innovative Ansätze benötigt, um
die Methoden zur Bewertung von Rückständen mehrerer
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und mögliche Wechselwir-
kungen mit anderen Komponenten von Pflanzenschutz-
mitteln langfristig zu verbessern (kumulative Risikobewer-
tung). Aus diesem Grund hat das BfR unter anderem ein
Forschungsprojekt initiiert, bei dem Wechselwirkungen
verschiedener Wirk- und Beistoffe in Pflanzenschutzmit-
teln untersucht werden sollen. Solche Forschungsprojekte
sollen dazu beitragen, die Methoden zur kumulativen Risi-
kobewertung langfristig zu verbessern.
Im Rahmen der Neubewertung der gesundheitlichen
Risiken von Glyphosat in der EU-Wirkstoffprüfung hat
das BfR im Januar 2014 ein wissenschaftliches Sym-
posium veranstaltet.
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