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Produktsicherheit
Auge oft eine starke Reizung hervor. Der Anteil dieser
Unfälle, die im Krankenhaus behandelt werden müssen,
ist bei Gelkapsel-Produkten weitaus höher als bei her-
kömmlichen Waschmitteln. Nach dem Kontakt mit der
Flüssigkeit aus Gelkapseln müssen sich Kinder meist
mehrfach erbrechen.
Als das erhöhte Vergiftungsrisiko durch erste wissen-
schaftliche Studien und Medienberichte bekannt wur-
de, initiierten Waschmittelhersteller Maßnahmen, um die
Produktsicherheit zu erhöhen (Product Stuartship Pro-
gramme): Diese umfassten den Einsatz undurchsichtiger
äußerer Verpackungen, verbesserter Verschlüsse sowie
die Ergänzung zusätzlicher Warnhinweise. Durch diese
Maßnahmen wurden allerdings keine ausreichenden Er-
folge erzielt. Die Europäische Kommission erhöhte die
gesetzlichen Anforderungen an Waschmittel-Gelkapseln
aus diesem Grund deutlich: Seit Mitte 2015 muss bei-
spielsweise in der Kapselfolie ein Bitterstoff enthalten
sein, der Kinder davon abhalten soll, an den Kapseln
zu lutschen. Weiterhin muss die Kapsel einem höheren
Druck standhalten und die äußere Verpackung so gestal-
tet sein, dass der Verschluss besser gesichert ist und die
farbigen Kissen von außen nicht erkennbar sind.
Ob diese neuen Maßnahmen das Risiko tatsächlich min-
dern, wird vom BfR zusammen mit Public Health Eng-
land, dem italienischen nationalen Gesundheitsinstitut
und acht europäischen Giftinformationszentren (GIZ)
untersucht: In einer von der Europäischen Kommission
in Auftrag gegebenen Studie werden alle Anrufe zu Gel-
kapsel-Produkten in den beteiligen GIZ registriert und
Anruferinnen und Anrufer medizinisch beraten. Einen
Tag später rufen Beschäftigte der jeweiligen GIZ zurück
und fragen nach den genaueren Ursachen des Unfalls.
Besonders wichtig ist es dabei, herauszufinden, welche
Eigenschaften ein Produkt für Kinder attraktiv machen.
Nach Artikel 35 der europäischen CLP-Verordnung (EG
1272/2008) dürfen als gefährlich eingestufte Verbrau-
cherprodukte nämlich nicht so gestaltet werden, dass
Kinder neugierig oder Verbraucherinnen und Verbrau-
cher irregeführt werden können – beispielsweise da-
durch, dass die Verpackung an Lebensmittel oder Ge-
tränke denken lässt.
Im August 2015 wurde mit der Sammlung der Falldaten
begonnen – dies wird bis zum Frühjahr 2016 fortgesetzt.
Ein Trend in der Vergiftungshäufigkeit war bis zum Jah-
resende in Europa noch nicht zu erkennen. In Deutsch-
land scheint die Zahl der gemeldeten Unfälle nach vor-
läufiger Analyse zumindest nicht weiter zuzunehmen.
Im Abschlussbericht an die Europäische Kommission
werden im Sommer 2016 die Ergebnisse der Studie vor-
gestellt und alle bisherigen sowie weitere mögliche Si-
cherheitsmaßnahmen für Gelkapsel-Produkte bewertet,
mit denen Vergiftungsrisiken vermindert werden sollen.
Risikobewertung von Tabakzusatzstoffen
Die neue europäische Tabakproduktrichtlinie trat 2014 in
Kraft und musste bis zum 20. Mai 2016 von den Mitglieds-
staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Dies ist in
Deutschland mit dem Inkrafttreten des Tabakerzeugnis-
gesetzes erfolgt. Mit der Richtlinie werden unter anderem
kombinierte Bild-Text-Warnhinweise eingeführt, der Anteil
der Warnhinweise auf der Verpackungsfläche vergrößert
und erstmals auch Regelungen zu elektronischen Zigaret-
ten und neuartigen Tabakerzeugnissen auf europäischer
Ebene getroffen.
Eine Aufgabe des BfR besteht in der Bewertung von Ta-
bakzusatzstoffen, die die ohnehin schon erheblichen ge-
sundheitlichen Risiken nicht zusätzlich erhöhen dürfen.
Das betrifft nicht nur die Toxizität, sondern auch solche
Stoffe, die das Suchtpotenzial möglicherweise erhöhen
oder die Inhalation des Tabakrauchs erleichtern können,
wie beispielsweise Menthol. Die neuen Regelungen sollen
auch die Möglichkeiten begrenzen, neue, für Raucherin-
nen und Raucher attraktivere Produkte zu entwickeln und
auf den Markt zu bringen. Aromakapseln und charakteris-
tische Geschmacksrichtungen werden aus diesem Grund
für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse verboten.
Auch die Suggestion vermeintlicher gesundheitlicher Vor-
teile, Vitalität oder eines aktiven „Lifestyles“ ist bei Tabak-
erzeugnissen künftig unzulässig.
Aus Sicht des Verbraucherschutzes verbessern die neuen
europäischen Vorgaben die Tabakregulierung in einigen
wichtigen Punkten. Gleichzeitig entfällt mit Inkrafttreten
des neuen Tabakerzeugnisgesetzes die bisherige Zulas-
sungspflicht für Tabakzusatzstoffe in Deutschland, sodass
auch bisher unzulässige Additive bei der Herstellung ver-
wendet werden dürfen, sofern kein ausdrückliches Verbot
erfolgt. Es ist daher zu erwarten, dass die Vielfalt der Zu-
satzstoffe und das Produktspektrum in den nächsten Jah-
ren deutlich wachsen werden. Damit steht auch die Risiko-
bewertung vor neuen Aufgaben und Herausforderungen.
i
Ausführliche Informationen zur gesundheitlichen Bewertung
von Zusatzstoffen für Tabakerzeugnisse und elektronischen
Zigaretten hat das BfR in der Stellungnahme Nr. 045/2015
veröffentlicht unter:
www.bfr.bund.de > Publikationen > BfR-Stellungnahmen > 2015Tabakzusatzstoffe dürfen die ohnehin schon gesundheit-
lichen Risiken beim Rauchen nicht zusätzlich erhöhen.