Titandioxid wurde im Rahmen der europäischen Chemikalienregulationen begutachtet. Eines der Verfahren sieht die sogenannte EU-weite harmonisierte Einstufung nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung („CLP-Verordnung“) vor, die im Februar 2020 abgeschlossen wurde. Das zweite Verfahren befasst sich mit der Stoffbewertung von Titandioxid im Rahmen der europäischen Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals; EU -Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, (EG) Nr. 1907/2006). Beide Regulierungsprozesse wurden von Frankreich initiiert. Beide Verfahren unterscheiden nicht explizit zwischen dem herkömmlichen Titandioxid (Pigment) und Titandioxid in Nanoform. Vielmehr umfasst der Geltungsbereich der betreffenden EU-Verordnungen alle Formen von Titandioxid.Harmonisierte Einstufung nach CLP-Verordnung (VO (EG) Nr. 1272/2008)
Industriechemikalien mit besonders gefährlichen Stoffeigenschaften (z. B. erbgutschädigend, krebserzeugend oder die Fortpflanzung schädigend) werden nach „CLP-Verordnung“ EU-weit eingestuft. Hierbei handelt es sich um eine harmonisierte Legaleinstufung, die im Europäischen Wirtschaftsraum rechtsverbindlich für Hersteller, Importeure und Verwender des Stoffes als solches und für den Stoff in Gemischen gilt. Sofern allgemeine, bzw. wenn vorhanden, spezifische Konzentrationsgrenzen des harmonisiert eingestuften Stoffes (bzw. der harmonisiert eingestuften Stoffe) in Gemischen überschritten werden, müssen diese Gemische gemäß der Legaleinstufung(en) gekennzeichnet werden. Eine harmonisierte CLP-Einstufung ist anwendungsoffen, d. h. sie kann für alle auf dem EU-Markt befindlichen Chemikalien erfolgen, und sofern nicht eingegrenzt, schließt sie alle Formen eines Stoffes ein. Bezugnahmen auf die Einstufung erfolgen in unterschiedlichen Rechtsnormen; das Vorhandensein einer harmonisierten CLP-Einstufung und insbesondere die höheren Einstufungskategorien (z. B. Karzinogen Kategorie 1B, „Kann Krebs erzeugen“) lösen z. T. einschneidende Rechtsfolgen und verschiedene Maßnahmen zur Risikominderung in anderen Rechtsbereichen außerhalb des Chemikalienrechts aus (z. B. Produkt-, Kosmetik-, Spielzeug-, Abfallrecht). Titandioxid hat das Einstufungsverfahren gemäß CLP-Verordnung aufgrund möglicher Gefahren bzgl. der Karzinogenität nach Einatmen des Stoffes durchlaufen. Auslöser war ein entsprechender Vorschlag, der im Jahr 2015 von Frankreich eingereicht und im Jahr 2017 durch den Ausschuss für Risikobewertung (RAC) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zum Teil bestätigt wurde. Gemäß der RAC-Meinung ist Titandioxid als vermutlich krebserzeugend für den Menschen beim Einatmen der Stäube des Stoffes anzusehen. Dementsprechend hat die EU-Kommission im Oktober 2019 eine Einstufung und Kennzeichnung beschlossen, wonach Titandioxid [in Pulverform mit mindestens 1 % Partikeln mit aerodynamischem Durchmesser ≤ 10 µm] beim Einatmen vermutlich krebserzeugend ist (Karzinogen Kategorie 2, H351i). Im Februar 2020 wurde die vorgeschlagene Einstufung von Titandioxid im Rahmen der 14. ATP (Adaption to technical progress) verabschiedet und die betreffende Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2020/217 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Umsetzung der Einstufung wurde somit zum 09.09.2021 verbindlich; eine Hilfestellung zur Anwendung der harmonisierten Einstufung ist beim nationalen REACH-CLP-Biozid Helpdesk veröffentlicht. Im Jahr 2020 wurde die harmonisierte Einstufung von Titandioxid jedoch durch mehrere Industrievertreter vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten. Im November 2022 entschied das Gericht, dass die harmonisierte Einstufung von Titandioxid-Stäuben als karzinogen beim Einatmen annulliert werden muss. Die Gründe für die Streichung der harmonisierten Einstufung können hier eingesehen werden: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=268096&pageIndex=0&doclang=EN&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=2303522 . Im Frühjahr 2023 legten Frankreich und die europäische Kommission Widerspruch[1] gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ein. Dadurch bleibt die Einstufung vorläufig weiterhin gültig. Eine Anhörung zum Sachverhalt soll im Jahr 2024 stattfinden und eine finale Entscheidung zur harmonisierten Einstufung von Titandioxid in Pulverform als Karzinogen beim Einatmen wird für das Jahr 2025 erwartet.Stoffbewertung im Rahmen der REACH-Verordnung
Die Stoffbewertung im Rahmen der REACH-Verordnung (EG 1907/2006) dient dazu, einen Anfangsverdacht hinsichtlich eines Risikos eines Stoffes für die Gesundheit oder die Umwelt zu prüfen sowie für die Beurteilung eines Risikos relevante, aber fehlende Informationen vom Hersteller oder Importeur des Stoffes zu fordern und ggf. einen Handlungsbedarf zur Risikominderung zu ermitteln. Die Initiative für eine Stoffbewertung liegt i. d. R. bei den Behörden der EU-Mitgliedsstaaten.
Im Jahr 2018 initiierte die zuständige französische Behörde (ANSES) eine Stoffbewertung der verschiedenen Formen von Titandioxid aufgrund einer uneindeutigen Datenlage bzgl. der potentiellen genotoxischen Eigenschaften der verschiedenen Formen (inklusive verschiedener Nanoformen). Die initiale Bewertung ergab, dass relevante Daten für eine abschließende Bewertung der potentiellen Genotoxizität der verschiedenen Formen von Titandioxid fehlen, welche durch die REACH-Registranten des Stoffes erbracht werden müssen. Eine entsprechende Studienforderung wurden den Registranten im Juli 2021 zugestellt. Der Eingang dieser Daten wird für 2024 erwartet. Nach Eingang der geforderten Informationen erfolgt eine Bewertung der neuen Datenlage durch Frankreich.
Titandioxid wurde im Rahmen der europäischen Chemikalienregulationen begutachtet. Eines der Verfahren sieht die sogenannte EU-weite harmonisierte Einstufung nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung („CLP-Verordnung“) vor, die im Februar 2020 abgeschlossen wurde. Das zweite Verfahren befasst sich mit der Stoffbewertung von Titandioxid im Rahmen der europäischen Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals; EU -Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, (EG) Nr. 1907/2006). Beide Regulierungsprozesse wurden von Frankreich initiiert. Beide Verfahren unterscheiden nicht explizit zwischen dem herkömmlichen Titandioxid (Pigment) und Titandioxid in Nanoform. Vielmehr umfasst der Geltungsbereich der betreffenden EU-Verordnungen alle Formen von Titandioxid.Harmonisierte Einstufung nach CLP-Verordnung (VO (EG) Nr. 1272/2008)
Industriechemikalien mit besonders gefährlichen Stoffeigenschaften (z. B. erbgutschädigend, krebserzeugend oder die Fortpflanzung schädigend) werden nach „CLP-Verordnung“ EU-weit eingestuft. Hierbei handelt es sich um eine harmonisierte Legaleinstufung, die im Europäischen Wirtschaftsraum rechtsverbindlich für Hersteller, Importeure und Verwender des Stoffes als solches und für den Stoff in Gemischen gilt. Sofern allgemeine, bzw. wenn vorhanden, spezifische Konzentrationsgrenzen des harmonisiert eingestuften Stoffes (bzw. der harmonisiert eingestuften Stoffe) in Gemischen überschritten werden, müssen diese Gemische gemäß der Legaleinstufung(en) gekennzeichnet werden. Eine harmonisierte CLP-Einstufung ist anwendungsoffen, d. h. sie kann für alle auf dem EU-Markt befindlichen Chemikalien erfolgen, und sofern nicht eingegrenzt, schließt sie alle Formen eines Stoffes ein. Bezugnahmen auf die Einstufung erfolgen in unterschiedlichen Rechtsnormen; das Vorhandensein einer harmonisierten CLP-Einstufung und insbesondere die höheren Einstufungskategorien (z. B. Karzinogen Kategorie 1B, „Kann Krebs erzeugen“) lösen z. T. einschneidende Rechtsfolgen und verschiedene Maßnahmen zur Risikominderung in anderen Rechtsbereichen außerhalb des Chemikalienrechts aus (z. B. Produkt-, Kosmetik-, Spielzeug-, Abfallrecht). Titandioxid hat das Einstufungsverfahren gemäß CLP-Verordnung aufgrund möglicher Gefahren bzgl. der Karzinogenität nach Einatmen des Stoffes durchlaufen. Auslöser war ein entsprechender Vorschlag, der im Jahr 2015 von Frankreich eingereicht und im Jahr 2017 durch den Ausschuss für Risikobewertung (RAC) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zum Teil bestätigt wurde. Gemäß der RAC-Meinung ist Titandioxid als vermutlich krebserzeugend für den Menschen beim Einatmen der Stäube des Stoffes anzusehen. Dementsprechend hat die EU-Kommission im Oktober 2019 eine Einstufung und Kennzeichnung beschlossen, wonach Titandioxid [in Pulverform mit mindestens 1 % Partikeln mit aerodynamischem Durchmesser ≤ 10 µm] beim Einatmen vermutlich krebserzeugend ist (Karzinogen Kategorie 2, H351i). Im Februar 2020 wurde die vorgeschlagene Einstufung von Titandioxid im Rahmen der 14. ATP (Adaption to technical progress) verabschiedet und die betreffende Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2020/217 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Umsetzung der Einstufung wurde somit zum 09.09.2021 verbindlich; eine Hilfestellung zur Anwendung der harmonisierten Einstufung ist beim nationalen REACH-CLP-Biozid Helpdesk veröffentlicht. Im Jahr 2020 wurde die harmonisierte Einstufung von Titandioxid jedoch durch mehrere Industrievertreter vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten. Im November 2022 entschied das Gericht, dass die harmonisierte Einstufung von Titandioxid-Stäuben als karzinogen beim Einatmen annulliert werden muss. Die Gründe für die Streichung der harmonisierten Einstufung können hier eingesehen werden: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=268096&pageIndex=0&doclang=EN&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=2303522 . Im Frühjahr 2023 legten Frankreich und die europäische Kommission Widerspruch[1] gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ein. Dadurch bleibt die Einstufung vorläufig weiterhin gültig. Eine Anhörung zum Sachverhalt soll im Jahr 2024 stattfinden und eine finale Entscheidung zur harmonisierten Einstufung von Titandioxid in Pulverform als Karzinogen beim Einatmen wird für das Jahr 2025 erwartet.Stoffbewertung im Rahmen der REACH-Verordnung
Die Stoffbewertung im Rahmen der REACH-Verordnung (EG 1907/2006) dient dazu, einen Anfangsverdacht hinsichtlich eines Risikos eines Stoffes für die Gesundheit oder die Umwelt zu prüfen sowie für die Beurteilung eines Risikos relevante, aber fehlende Informationen vom Hersteller oder Importeur des Stoffes zu fordern und ggf. einen Handlungsbedarf zur Risikominderung zu ermitteln. Die Initiative für eine Stoffbewertung liegt i. d. R. bei den Behörden der EU-Mitgliedsstaaten.
Im Jahr 2018 initiierte die zuständige französische Behörde (ANSES) eine Stoffbewertung der verschiedenen Formen von Titandioxid aufgrund einer uneindeutigen Datenlage bzgl. der potentiellen genotoxischen Eigenschaften der verschiedenen Formen (inklusive verschiedener Nanoformen). Die initiale Bewertung ergab, dass relevante Daten für eine abschließende Bewertung der potentiellen Genotoxizität der verschiedenen Formen von Titandioxid fehlen, welche durch die REACH-Registranten des Stoffes erbracht werden müssen. Eine entsprechende Studienforderung wurden den Registranten im Juli 2021 zugestellt. Der Eingang dieser Daten wird für 2024 erwartet. Nach Eingang der geforderten Informationen erfolgt eine Bewertung der neuen Datenlage durch Frankreich.